Tag 9 – Jodhpur nach Udaipur

Um 9 Uhr war Abfahrt in Jodhpur zu unserem vorletzten Ziel – Udaipur. Udaipur ist unser südlichster Punkt, den wir in Indien sehen werden.

Da wieder eine längere Busfahrt hinter uns liegt, möchte ich an dieser Stelle mal das Thema Straßenverkehr aufgreifen. Zunächst zur Infrastruktur: Die Verbindungen zwischen den von uns besuchten Orten sind meist nationale Autobahnen. Diese funktionieren so, dass eine private Firma diese Autobahn in Stand hält und dafür alle paar Kilometer eine Mautstation ist. Wenn dann genügend Geld wieder eingespielt ist, dann wird wieder ein Stück Autobahn repariert oder erneuert.

Aber man darf sich indische Autobahnen nicht mit deutschen Autobahnen vorstellen. Nur die erste Etappe, von Delhi nach Agra, war vielleicht noch mit einer deutschen Autobahn vergleichbar. Denn hier hatte die ganze Strecke ein reicher Geschäftsmann gebaut und diese dann rechts und links mit einem Zaun versehen. Das ist bei allen anderen Autobahnen die wir bisher befahren haben, nicht so. Die Fahrbahn ist in der Regel 2 oder 3 spurig in jede Richtung. In der Mitte ist ein breiter, bepflanzter Streifen. Man kommt also nicht so einfach von einer Seite der Straße mit einem Fahrzeug auf die andere Seite. Dafür gibt es alle paar hunderte Meter (meist bei Querstraßen) eine Möglichkeit, die Straße zu überqueren oder zu wenden.

In Indien fährt man wie in England auf der linken Seite. D.h. rechts von den Autobahnen gibt es aber keine wirkliche Trennung von Autobahn und Gelände nebenan. Deshalb sieht man auf den Straßen neben den Fahrzeugen auch sehr oft Tiere (vor allem Kühe), Geschäfte bzw. Verkaufsstände, Fußgänger u.ä. Und das nicht nur in Fahrrichtung, sondern auch gerne gegen die Fahrtrichtung. Denn wenn jemand auf der linken Seite ein Geschäft besucht oder Besorgungen erledigt, und nicht auf die Gegenseite kommt, dann fährt er eben „gegen“ die offizielle Fahrtrichtung zurück. Das ist auch gar nicht so schlimm, denn die durchschnittliche Geschwindigkeit auf diesen Straßen ist erstens selten über 80 – 100 km/h und zweitens ist das mit den Fahrspuren hier eh so eine Sache.

Überholt wird grundsätzlich rechts und links von den Fahrzeugen. Da wo halt Platz ist. LKWs oder langsame Fahrzeuge fahren gerne in der Mitte der Fahrbahn (also bei uns auf der ganz linken Spur) und deshalb wird hier sehr oft rechts überholt. Damit der vorausfahrende Fahrer weiß, dass er jetzt gleich überholt wird, wird gehupt. In dichtbesiedelten Gebieten (gerade in Städten) hört man deshalb ständig das Hupen. Es ist – im Gegensatz zu Deutschland – ganz selten als Aggression gemeint, sondern als Hinweis für den Vorausfahrenden, dass er überholt wird. In der Regel fährt dann der Vorausfahrende auch freiwillig an den Rand (der Spur oder der Fahrbahn) und beharrt nicht auf seinen Weg. Motorradfahrer in Städten auch Fahrradfahrer, rutschen noch eher zwischen den Fahrzeugen durch. Auch mit gehupe und gerne auch mal zwischen 2 Spuren. Es ist wirklich für Europäer sehr erstaunlich, dass hier nicht mehr passiert.

Überholen tun aber nicht nur „schnelle“ PKWs, sondern auch unser Busfahrer nutzt jede Gelegenheit zu überholen. Eine für mich am stärksten beeindruckende Weise war in Agra. Wir waren auf dem Weg zum „Baby Taj Mahal“ und mussten über eine Brücke auf die andere Seite des Flusses. Die Auffahrt auf die Brücke war zweispurig, also keine Autobahn sondern eine normale Straße in einer Stadt. Und da die Zufahrt zur Brücke ansteigend ist, hatte die Straße eine leichte Spiralform und rechts und links so ca. 1m hohe Begrenzungen. Vor uns fuhr ein Traktor und in ca. 200 m entfernung kam uns ein anderer LKW entgegen. Dennoch zog unser Busfahrer nach rechts, überholte den Traktor und ich habe mich in dem Moment gefragt, wie soll diese Situation ohne Unfall gelöst werden. Aber es kam dann doch nicht zum Unfall, noch nicht mal zu wildem Gehupe und möglichen Beschimpfungen. Der Traktor zog ganz nach links an die Begrenzung, der Gegeverkehr ebenso und so konnten auf dieser schmalen Straße tatsächlich 3 dicke Autos aneinander vorbei Fahren. Im normalen Autobahnverkehr passiert das aus, man weicht gerne mal auf die Ausweichspur aus oder bremst auch mal. Gerne wird auch Lichthupe gegeben, falls man nicht erkannt haben sollte, dass ein Gegenverkehr auf einen zu fährt. Es ist glaube ich sehr gut, dass keine Touristen hier Auto fahren – ich würde hier wahrscheinlich nicht wirklich vom Fleck kommen.

Auch das Anhalten am Rand der Autobahn ist völlig normal. Für Inder, um mal zu pinkeln, aber auch wir sind schon am Rande angehalten, um den Weg zu fragen oder um mal bei dringenden Bedürfnissen auszutreten. Einmal sogar, um ein Dorf von Prostituierten erklärt zu bekommen, dass in der Nähe einer Raststätte zu finden war.

Autos in Indien werden – sofern die Personen vorhanden sind – gerne bis zum Anschlag bestückt. Da passen schon mal 8 – 10 Menschen in ein PKW. Beim Bus oder LKW wird das Dach mit benutzt und es ist nicht ganz selten, dass man bis zu 5 Pertsonen auf einem Motorrad sieht. Oft der Mann mit seiner Frau und 2 – 3 Kindern. Da die Frauen hier oft den Sari anhaben, sitzen diese dann nicht breitbeinig hinter dem Fahrer, sondern mit beiden Füßen auf einer Seite (und ich habe mich am Anfang immer gefragt, wie die sich sicher festhalten – aber es scheint zu funktionieren). 1 – 2 Kinder werden dann zwischen Mann und Frau „geklemmt“, die restlichen werden vor den Mann auf den Tank gesetzt.

Die Straßen sind eine Herausforderung für Mensch und Auto. Neben den Schlaglöchern gibt es alle paar Kilometer (je nach Straßentyp und Ortsdurchfahrung) Schweller. Die werden zwar langsam überfahren, aber wenn man nicht darauf vorbereitet ist können die ganz schön durch den Körper schlagen. Mein unterer Rücken (Bandscheibe) macht das sehr gut mit, aber im Schulterbereich bin ich ordentlich verspannt. Da wird wohl nach Rückkehr eine Massage fällig werden.

Unser erster heutiger Stopp war eine Pinkelpause um 12 Uhr, gefolgt von einem Mittagessen um 13:30 Uhr. Danach sind wir zu einem der schönsten Jain Tempel in Ranakpur gefahren, der im 15-jahrhundert erbaut wurde und wirklich beeindruckt. Trotz Foto-Gebühr (was man sehr oft in Indien bezahlen muss) darf man 89 Statuen und 4 Hauptstatuen nicht fotografieren – aber es gab auch sonst genug zu knipsen.

Anschließend ging es noch 3 Stunden mit dem Bus nach Udaipur, wo wir die nächsten 3 Tage verbringen werden. Gerade sind wir eingecheckt und werden uns gleich zum Abendessen auf dem Dach treffen. Da wir mitten in der Altstadt sind, haben wir den Bus vor der Altstadt absetzen müssen und sind mit dem Tuff-Tuff (oder wie ich gestern geschrieben habe, Tuck-Tuck) bis zum Hotel gefahren. Die Dinger sind echt eine Wucht – ich bin mal auf den Film während des Fahrens gespannt.

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